Grietje Kurtzweg, 43 Jahre, aus Flensburg

Grietje Kurtzweg ist erfolgreiche Leichtathletin und tanzt in einer Hip-Hop-Gruppe. Die 43-jährige Frau mit Downsyndrom lebt in Flensburg und hat sogar schon olympisches Gold gewonnen.

Hammerwerfen, Gewichtwerfen, Diskuswerfen, Speerwerfen und Kugelstoßen: Es gibt gar nicht so viele Athlet*innen, die alle Disziplinen des Werfer-Fünfkampfes trainieren und auf Wettkämpfen des schleswig-holsteinischen Leichtathletik-Verbandes antreten. Grietje Kurtzweg ist eine von ihnen. Und sie schafft sogar den Spagat zwischen zwei Leichtathletikwelten, wenn sie bei den Sportfesten der Behindertensportverbände auch im Weitsprung und bei Kurzstreckenläufen mit am Start ist.

Dreimal wöchentlich trainiert die 43-Jährige mit Downsyndrom für ihre Wettkämpfe. „Es gibt schon Tage, an denen habe ich keine Lust. Oft montags. Aber meistens macht mir Sport richtig Spaß. Das macht mich glücklich!“ Im Winter geht sie ins Fitnessstudio, im Sommer wirft, springt und läuft sie im Stadion. Ihre Mutter ist dabei fast immer an ihrer Seite und begleitet sie auch sportlich. Ruth Kurtzweg-Otte ist selbst seit ihrer Schulzeit aktive Spitzen-Leichtathletin und nimmt auch heute noch mit ihren 71 Jahren erfolgreich an Wettkämpfen teil. Überhaupt kommt Grietje Kurtzweg aus einer sportlichen Familie, in der viele mit ihren Weiten und Zeiten einmal auf Bestenlisten der Leichathletikszene zu finden waren oder sind. Da ist es kein Wunder, dass sie schon als Kind auf dem Sportplatz zu Hause war.

„Los Angeles, das war mein Traum!“

Nach ihrem persönlichen sportlichen Highlight gefragt, muss Grietje Kurtzweg nicht lange überlegen: „Los Angeles! Das war mein Traum!“ Gemeint sind die Special Olympics World Summer Games 2015, von denen sie sogar eine Goldmedaille im Weitsprung mit nach Hause gebracht hat. Die Fahrt nach Los Angeles war ihre erste längere Reise und für die musste sie auch gleich in ein Flugzeug steigen. Da war die Aufregung groß. In ihrer Heimatstadt ist die junge Frau meist selbstständig mit den Stadtbussen unterwegs – ob zu ihren Eltern, in die Stadt oder zu ihrer Arbeitsstelle bei einem Flensburger Pharma-Unternehmen, wo sie Produkte verpackt.

Aktuell trainiert Grietje Kurtzweg für die Leichtathletik-Landesmeisterschaften der Senior*innen, die Norddeutschen Meisterschaften im Hammerwerfen und den Landesentscheid für die nächsten Special Olympics, das größte deutsche Sportevent für Menschen mit geistiger Behinderung. Ihre Lieblingsdisziplin: Diskuswerfen. „Da kann ich mich so schön drehen. Das mache ich gern!“ Neben der Leichtathletik ist sie Mitglied der hauseigenen Hip-Hop-Crew des Holländerhofes Flensburg, einer Werk- und Wohnstätte für Menschen mit Behinderung. Mit der Crew ist sie unter anderem in Neumünster und Kiel vor großem Publikum aufgetreten. „Ich habe sogar eine Solo-Nummer mit einem Hula-Hoop-Reifen!“ Tanzen ist ohnehin eine echte Herzenssache für die 43-Jährige: „Wenn ich Langeweile habe, mache ich mir Musik an, und dann tanze ich in meinem Zimmer. Die ersten Moves für Hip-Hop habe ich mir bei BTS abgeguckt, das ist meine absolute Lieblings-Boygroup aus Südkorea.“

Nicht nur im Sport geht die junge Frau selbstbewusst nach vorn. Auch ihre Meinung vertritt sie ganz klar – und das auch öffentlich. So hat sie in der Zeit der Coronapandemie zum Beispiel einen Leserbrief geschrieben, der in der Lokalzeitung veröffentlicht wurde. Darin hat sie dazu aufgerufen, mehr Rücksicht auf Menschen zu nehmen, die wie sie gesundheitlich besonders gefährdet sind. „Wenn ich meine Meinung habe, sage ich die auch!“