Christian Howe, 47 Jahre, aus Kiel
Am allerliebsten bin ich am, im und auf dem Wasser. Seit ich fühlen und denken kann, bin ich mit dem Element verbunden. In meiner Kindheit hieß es jeden Freitag nach der Schule: Ab an den Strand! Das Ferienhaus meiner Eltern liegt direkt an der Ostsee. Es gab nichts Tolleres, als am Spülsaum die Plattfische zwischen den Kieselsteinchen zu beobachten, an der Mole nach Krebsen, Flussbarschen und Muscheln zu schnorcheln oder einfach nur zu schwimmen. Dabei haben mein bester Freund und ich uns nicht nur einmal einen Rüffel abgeholt, weil wir wieder zu weit rausgepaddelt waren. Seither haben meine Freunde und ich so oft es ging am Strand abgehangen und sind windsurfen oder wellenreiten gegangen. Ich konnte stundenlang dem Meer zuschauen, wie die Wellen laufen, sich Strukturen verändern und sich das Licht auf der Oberfläche bricht. Daran hat sich bis heute im Grunde nichts geändert. Außer dass sich mein Schwerpunkt berufsbedingt eher unter die Wasseroberfläche verlagert hat: ein faszinierender und wundersamer Ort voller verrückter Tiere, Pflanzen und Organismen, der mich verzaubert, egal, ob ich nun an der heimischen Küste auf Taucherbrillensichthöhe entlangschwimme, Geisternetze in der Ostsee berge oder mit schwerem Gerät in den norwegischen Fjorden in 85 Metern Tiefe Kaltwasserkorallen untersuche. Aber natürlich ist das Meer kein Spielplatz. Das Wasser bietet einem wenig zweite Chancen, deshalb müssen Tauchgänge unglaublich gut vorbereitet werden. Ich habe auch heute nach all den Jahren ab und zu noch Muffensausen vor einem Tauchgang. Aber das hält mich auch konzentriert.
Am Ende ist es aber doch meist so, dass fast jeder Tauchgang mindestens ein schönes Erlebnis mit sich bringt, das mich glücklich macht: zauberhafte Lichtspiele, Begegnungen mit Meerestieren, archäologische Fundstücke oder einfach nur das Gelingen einer besonders komplexen und kniffeligen Situation. Das Meer hat mich bisher nie enttäuscht.
Christian Howe ist Biologe, Forschungstaucher, Unterwasserfilmer und -fotograf. Als Teil der Forschungstauchgruppe Submaris arbeitet er an biologischen, geologischen und archäologischen Projekten weltweit mit.